Lisa Hirmer

Zöliakie

Der Begriff Zöliakie war in den letzten Jahren in aller Munde. Dabei war dies ursprünglich nur die Bezeichnung der Erkrankung bei Kindern. Der Name für die Krankheit beim Erwachsenen lautet eigentlich (einheimische) Sprue.
Weitere Bezeichnungen wären gluteninduzierte Enteropathie, gluteninduzierte Dünndarmzottenatrophie, Glutenunverträglichkeit und glutensensitive Enteropathie.
Nachdem der Begriff zuletzt einen Wandel vollzogen hat, werde auch ich zum einfacheren Verständnis von Zöliakie oder Glutenunverträglichkeit sprechen.

Was genau ist eine Glutenunverträglichkeit?
Die Zöliakie ist eine chronisch verlaufende Dünndarmerkrankung. Der Körper reagiert auf das Klebereiweiß Gluten, welches sich hauptsächlich in Getreide findet. Dadurch kommt es zu einer Rückbildung der Dünndarmzotten. Diese haben wichtige Funktionen für die Verdauung. Unter anderem werden hier die aufgespalteten Nährstoffe vom Darm ins Blut aufgenommen (= Resorption). Je geschädigter die Dünndarmzotten, desto geringer ist also die Resorptionsfläche. Desweiteren wird hier das Enzym Laktase produziert, welches für die Verdauung des Milchzuckers (Laktose) benötigt wird. Wenn die Dünndarmzotten geschädigt sind werden also auch Milch und Milchprodukte nicht mehr vertragen.
Die Erkrankung zeigt sich typischerweise bis zum 2. Lebensjahr, für gewöhnlich innerhalb von 2-4 Monaten nach der Einführung von Getreide in die Beikost.

Durch konsequente Vermeidung glutenhaltiger Lebensmittel kann man die Symptome gut behandeln, allerdings bleibt die Erkrankung ein Leben lang. Manchmal dauert das Abklingen der Symptomatik trotz Behandlung 6-12 Monate.

Hält man sich nicht an eine glutenfreie Diät, so kann sich ein Lymphom entwickeln. Generell ist das Risiko für Darmkrebs durch die Erkrankung etwa doppelt so hoch wie in der Normalbevölkerung. Außerdem ist die Diät wichtig um Mangelerscheinungen vorzubeugen.

Wie entsteht die Krankheit?

Welche Ursachen der Erkrankung zugrunde liegen ist noch nicht klar. Diskutiert werden unter anderem eine genetische Veranlagung (Disposition), eine Autoimmunreaktion, eine Typ IV-Allergie oder Umwelteinflüsse.

Zöliakie tritt familiär gehäuft auf, oft auch im Zusammenhang mit anderen Autoimmunerkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis, Diabetes mellitus Typ 1. Auch eine Häufung bei Menschen mit dem Down-Syndrom konnte beobachtet werden.

Woran erkennt man die Erkrankung? Welche Beschwerden treten auf?
Aufgrund der Verdauungs- und Resorptionsstörungen bei einer unbehandelten Glutenunverträglichkeit kommt es zu Diarrhoen bis zu 10x pro Tag, Blähungen, Flatulenzen und Bauchschmerzen. Durch die verminderte Aufnahme von Nährstoffen kommt es zu Gewichtsverlust, Erschöpfung, Unruhe, Osteoporose und Hautproblemen wie trockene und schuppige Haut. Auch Gemütsveränderungen und Depressionen können ein Resultat sein. Weitere Beschwerden die bei einer Zöliakie durch Gluten ausgelöst werden können sind Tenesmen (schmerzhafter Stuhlzwang), Dermatitis herpetiformis Duhring und Exanthemen (Hautkrankheiten), Angstsymptome, Eisenmangel, Wassereinlagerungen, Muskel- & Knochenschmerzen und eine Stomatitis (Entzündung der Mundschleimhaut).

Bei Kindern kommen zu den Symptomen auch oft das Greisengesicht, ein Tabaksbeutelgesäß, Misslaunigkeit, Eiweißmangelödeme, Eisenmangelanämie und Gedeihstörungen bis hin zur Dystrophie. Die Kinder sind reizbar, kontaktscheu, ganz generell psychisch auffällig.

Zur Diagnose:
Oft wird ein Antikörpernachweis über das Blut vorgenommen, allerdings können hierbei falsch positive Tests verkommen. Dies bedeutet, dass die Tests manchmal anzeigen man hätte die Krankheit, obwohl dies nicht stimmt.
Eine sichere Diagnose kann nur durch eine Dünndarmbiopsie gestellt werden. Hierbei wird bei einer Magen-Darm-Spiegelung eine Probe der Dünndarmschleimhaut genommen. Diese wird dann auf Auffälligkeiten bezüglich der Zotten untersucht.

Viele Apotheken und Online-Händler bieten mittlerweile Stuhlprobentests an, diese sind allerdings nicht aussagekräftig!

Die Diagnostik sollte vor dem Start einer glutenfreien Diät erfolgen, da sonst falsche Ergebnisse möglich sind.

Worin steckt Gluten?
Vor allem in Weizen, Hafer, Dinkel, Gerste, Roggen, Grünkern, Wildreis, Tritikale, Einkorn, Emmer (Zweikorn), Kamut und Urkorn. Allerdings wird Gluten auch oft als Trennmittel, z.B. bei abgepackter Wurst oder geriebenem Käse verwendet.

Auch bei Arzneimitteln, Kosmetika und Zahnpflegeprodukten kann Gluten enthalten sein. Dies muss aber im Beipackzettel gekennzeichnet sein.

Laut der Allergenkennzeichnungsverordnung von 2005 muss Gluten bei verpackter Ware gekennzeichnet werden. Deshalb sollte man sich immer die Zeit nehmen und die Inhaltsstoffe eines Produktes durchlesen. Allerdings müssen lose Waren nicht gekennzeichnet werden. Die Spurenkennzeichnung („Kann Spuren von … enthalten“) bezieht sich auf Verunreinigungen mit Gluten bei der Produktion und ist nicht verpflichtend! Jedoch kennzeichnen viele Hersteller ihre Produkte vorsorglich so, damit sie rechtlich abgesichert sind, obwohl das Produkt überhaupt kein Gluten enthält.

Bei der Deutschen Zöliakie Gesellschaft (DZG, https://www.dzg-online.de/) kann man eine sogenannte Positivliste einsehen. Auf dieser stehen nur Produkte und Arzneimittel etc. die nachgewiesen glutenfrei sind. Die Liste wird jährlich aktualisiert, ist also sehr verlässlich.

Ernährungstipps:

– Glutenfreie Backwaren werden leider schneller alt, jedoch hilft es oft schon sie nochmal kurz zu toasten oder zu backen.

In akuten Phasen kann die Verträglichkeit mancher Lebensmittelgruppen eingeschränkt sein:

– Glutenfreies Weiß- oder Mischbrot wird unter Umständen besser vertragen als glutenfreies Vollkornbrot.

– Obst und Gemüse werden in kleinen Mengen oft besser vertragen. Außerdem sind rohes Obst und Gemüse schwerer verdaulich. Je kleiner die Stücke sind, desto verträglicher sind die Speisen. Also als Suppe oder klein geschnitten ist es besser verträglich als bei Rohkoststicks.

– Bei einer Laktoseintoleranz kann es sinnvoll sein auf laktosefreie Produkte umzusteigen, die es mittlerweile in den meisten Supermärkten gibt.

– Falls Fett nicht vertragen wird, kann man vorrübergehend MCT-Fette zum Kochen verwenden.

Verhaltenstipps:

– Beim Einkauf immer auf die Zutatenliste kucken.

– Glutenhaltige und glutenfreie Produkte immer getrennt lagern, am besten in getrennten Schränken.

– Die Zubereitung von glutenhaltigen und glutenfreien Speisen räumlich voneinander trennen und unterschiedliche Arbeitsgeräte (Töpfe, Kochlöffel etc.) nutzen. Die Arbeitsgeräte eventuell speziell kennzeichnen, z.B. durch aufgemalte Punkte oder Buchstaben.

-> Ganz besonders Backformen, Backbleche, Pinsel und Toaster sollten nur glutenfrei benutzt werden!

– Holz lässt sich nicht ausreichend reinigen, deshalb möglichst auf Arbeitsplätzen (Bretter usw.) und bei Arbeitsgeräten (Kochlöffel, Pfannenwender) darauf verzichten.

– Arbeitsflächen vor der Zubereitung glutenfreier Speisen immer gründlich reinigen.

– Nach der Reinigung von Geschirr und Arbeitsflächen auf denen glutenhaltige Speisen zubereitet wurden immer das Wasser und die Lappen, Bürsten und Tücher wechseln.

– Brotschneidemaschinen sollten sehr gründlich gereinigt werden, da es oft schwer zugängliche Ecken gibt.

ACHTUNG: Ein gesunder Mensch profitiert nicht von einer glutenfreien Ernährung! Ganz besonders Kinder sollten nur bei einer nachgewiesenen Zöliakie oder Weizenallergie glutenfrei ernährt werden. Eine glutenfreie Kost kann zu erhöhter Aufnahme von Fett und dadurch Energie führen, wodurch die Wahrscheinlichkeit von Übergewicht steigt. Auch Nährstoffmängel werden wahrscheinlicher. Selbst Kinder bei denen eine erbliche Vorbelastung besteht profitieren nicht von einer glutenfreien Ernährung so lange die Erkrankung nicht nachgewiesen ist. Außerdem kann es die Lebensqualität der Kinder unnötig einschränken.

GlutenfreiNicht glutenfrei
GetreideReis, Hirse, Buchweizen, Mais, Amaranth, Quinoa, Tapioka, Maniok, Teff, Johannisbrotkernmehl

Vorsicht bei: – Hafer (Enthält ein ähnliches Protein, auf das manche Betroffene auch reagieren)
– Backwaren (immer auf die Kennzeichnung und nicht nur den Namen achten!) – Backzutaten wie z.B. Backpulver
Weizen, Gerste, Roggen, Dinkel, Tritikale, Emmer, Kamut, Grünkern  
Obst, Gemüse & HülsenfrüchteNaturbelassenBemehltes oder paniertes Gemüse, gewürzte oder panierte Nüsse
MilchprodukteNaturbelassen  Fertige Puddings, Milchmischgetränke, Joghurt mit Müsli
KäseHartkäse ohne EdelschimmelAlle Sorten mit Edelschimmel, wie z.B. Camembert
Fleisch, Fisch & EierNaturbelassenPanierte oder bemehlte Produkte, Brathering
FetteReine Fette 
GewürzeReine Gewürze, Essig Vorsicht bei Brühwürfeln!Bei Gewürzmischungen immer genau auf die Zutaten achten
SoßenSelbst zubereitetFertigsoßen, Sojasoßen, Béchamelsoße
SüßigkeitenHonig, Zucker Bei Schokolade, Kakao, Eis, Kaugummis und Bonbons auf die Zutaten achtenAlles mit glutenhaltigen Keksen, Müsli etc.
GetränkeWasser, Tee, Bohnenkaffee, Nektar, Fruchtsaft, Limonade, Sekt, Wein, klare Schnäpse Vorsicht bei Säften mit Zusätzen, Kakao und Fertigmischungen!Bier, Kaffeeersatz aus Gerste oder Malz, Haferdrink

Im Zweifel immer auf die Zutatenliste des Produktes achten! Ein weiterer Hinweis auf glutenfreie Produkte ist die durchgestrichene Ähre. Bei loser Ware kann man nachfragen ob das Produkt glutenfrei ist, allerdings kann dies selten sicher gewährleistet werden.

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